Die Mitglieder des AIV Mark-Sauerland waren mal wieder auswärts auf städtebaulicher und architektonischer Entdeckungsreise !
Am Donnerstag 25.06.2015 brachte uns der Reisebus nach Siegen. Das Oberzentrum des Siegerlandes hat sich in den letzten Jahren dank einer stringenten Stadtplanung deutlich zum Positiven hin gewandelt.
Stadtbaurat Michael Stojan führte uns persönlich in die Thematik ein. Er steht für eine konsequente Förderung der lokalen Baukultur. Michael Stojan nahm sich einen ganzen Nachmittag für den AIV Zeit – zunächst mit einem Vortrag und dann mit einem von ihm sehr leidenschaftlich geführten Stadtrundgang.
Der Vortrag von Michael Stojan trug den Titel „Siegen zu neuen Ufern, Stadtentwicklung und Baukultur vom Wiederaufbau bis zur Regionale“, was durchaus wörtlich gemeint ist. Nachdem die Sieg vor mehreren Jahrzehnten durch eine Parkplatzebene im Innenstadtbereich komplett zugedeckelt wurde, hat die Stadt „ihren“ Fluss nun wieder weitgehend freigelegt und für eine erfolgreiche Stadtentwicklung wiederentdeckt.
Die neu geschaffenen Qualitäten des Ufers laden zum Flanieren und Verweilen ein. Hier direkt am Wasser florieren Gastronomie und städtisches Leben. Die Offenlegung der Sieg ist ein sehr eindrückliches und äußerst vorbildhaftes Beispiel dafür, welch positiven städtebaulichen Effekt auch die Neugestaltung der innerstädtischen Volme- und Ennepeufer hinter dem Bahnhof in Hagen haben könnte, wenn diese mit Konsequenz und echtem Gestaltungswillen betrieben würde.
Der Stadtrundgang erstreckte sich aber nicht nur auf die Siegterrassen, sondern auch auf die Baumaßnahmen in der Altstadt und im Schlossbereich. Dabei wurde klar, dass Siegen zu diesem Zweck durchaus sehr unterschiedliche Instrumente einsetzt.
Hier stehen zunächst einmal die größeren baulichen Maßnahmen zur Umgestaltung der Verkehrsflächen und des Stadtbildes, die ohne Fördermittel und/oder Programme wie die Regionale gar nicht umsetzbar wären. Grundlage hierfür sind natürlich eine fundierte Kenntnis der vorhandenen Fördertöpfe und der erklärte politische Wille, diese auch zielführend einzusetzen.
Daneben gibt es aber auch zahlreiche kleinere Maßnahmen und Interventionen, an denen sich die Bürger direkt beteiligen können und die daher oft auch direkt von der Bürgerschaft vorgeschlagen werden. Hierzu gehören die Umgestaltung einzelner Grünflächen und Fassaden, ein „Wettbewerb“ zur Farbgebung von Stromkästen oder das Thema Stadtsauberkeit. Einfache Maßnahmen, die viel bewirken können.
Darüber hinaus hat sich Siegen mit der Einführung eines Gestaltungsbeirates und einer dezidierten Gestaltungssatzung wirkungsvolle Instrument geschaffen, das Stadtbild zu verbessern und vor allem einen öffentlichen Diskurs eröffnen zu können, um überhaupt erst einmal ein Gespür für den Sinn und die Notwendigkeit eines guten Städtebaus zu entwickeln.
Hierzu war es laut Michael Stojan zunächst notwendig, überkommene Vorstellungen und Strukturen aufzubrechen. So mussten die durchaus vorhandenen Qualitäten des Siegener Städtebaus und der lokalen Baukultur (gerade auch aus der oft unterschätzten Epoche des Wiederaufbaus) erst einmal in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen werden. Mittlerweile sind Gestaltungsbeirat und Gestaltungssatzung jedoch nicht mehr aus dem baupolitischen Alltag wegzudenken. Die Siegener haben gelernt, wieder stolz auf ihr Stadtbild zu sein.
Den Abschluss der Exkursion bildete der Besuch der Autobahnkirche Wilnsdorf. Architekt Schuhmacher stellte uns das ambitionierte Projekt persönlich vor und erläuterte die Entstehungsgeschichte und die ungewöhnliche Baukonstruktion. Wenngleich man es der kleinen Kirche aufgrund ihrer monolithischen Erscheinung nicht ansieht, ist sie eine reine Holzkonstruktion mit einer Kunststoffbeschichtung. Von besonderem Interesse ist auch die innere Tragstruktur aus einem mehrfach gewölbten Holzgitter. Kein Träger gleicht dem anderen, so dass eine solches Tragwerk nur mit umfangreicher EDV-Unterstützung entworfen werden konnte.
Für die Exkursion gab es 2 AKNW-Fortbildungspunkte. Ein ganz besonderer Dank gilt unserem Mitglied Dipl.-Ing. Johann Dieckmann, der die spannende Exkursion akribisch vorbereitet hat und den AIV-Mitgliedern somit einen sehr lehrreichen Tag beschert hat. Von Siegen lernen – ein vielversprechender Anfang wurde gemacht !
Dipl.-Ing. Georg Thomys
1. Vorsitzender AIV Mark-Sauerland
Das Resümee als PDF.